Der große Trauerprozess der Volkskirche: Abschied vom Christentum wie wir es kannten
- Wir werden nie wieder die Gesellschaft mehrheitlich bestimmen können.
- Wir werden Abschied nehmen von der Vorstellung einer imperialen/kolonialen Mission (am Ende "regiert Christus unser Land, und Deutschland ist wieder christlich)
- Wir suchen eine positive Beschreibung der (Welt-)Missions- und insofern auch Evangelisations-Vorstellung für unseren Nahkontext in diesem neuen Kontext (Missional-inkarnatorisch)
- Wenn wir genug getrauert haben und das alte Bild/die alten Bilder oder Positionen von Kirche losgelassen haben, geht es vielleicht in Richtung z.B. der hier formulierten Idee einer Künstler:innen, Priester:innen und Prophet:innen-Rollendefinition für Kirche.
- Exegetisch geht dem eine neue Lesart des Missionsbefehls voraus.
Europa als Missionsfeld
Von Stefan Paas
Ergänzend dazu den Aufsatz des niederländischen Missiologen Prof. Dr. Stefan Paas zu seinem Buch:
Pilger und Priester: Missionale Ekklesiologie in einer säkularen Gesellschaft (Stefan Paas)
[ANVIL Bd. 35, Ausgabe 3] - Church Mission Society.
Seit dem Zweiten Weltkrieg ist vielen Theologen und Kirchenführern im Westen die Notwendigkeit und Dringlichkeit aufgefallen, eine missionarische Perspektive auf das ehemalige Kernland der Christenheit zu entwickeln.
- Anstelle von Missionsbasen, die treue Armeen auf die Missionsfelder im Süden entsenden,
- sind europäische Nationen nun Missionsfelder in ihren eigenen Rechten.
- "Mission in sechs Kontinenten", "umgekehrte Mission" und "Mission von überall nach überall" sind die neuen Realitäten in der Missiologie.
Darüber hinaus sind Evangelisation und Mission in Europa nicht länger die etwas zweifelhaften Steckenpferde sogenannter „Freikirchen“ oder „Fallschirmspringerbewegungen“. Die traditionell etablierten Kirchen zum Beispiel des Vereinigten Königreichs, Deutschlands und der Niederlande haben begeistert einen Missionskurs begonnen.
Seit der Jahrtausendwende sind „Gemeindegründungen“, „frische Ausdrucksformen der Kirche“, FreshX genannt „Missionsexperimente“ und „Pionierprojekte“ wiederkehrende Themen auf den Tagesordnungen dieser Kirchen.
Die Frage bleibt aber offen (oder wird meist nicht reflektiert):
- Mit welcher Zielrichtung und Absicht verstehen wir Mission?
- Und wie können uns postimperiale Perspektiven ein neues Bild geben?
Pilgrims and Priests PAAS dt.pdf(144.61 kB)
Dieses Exzerpt eines Vortrags von Stefan Paas ergänzt den obigen Text noch um weitere Aspekte:
Stefan Paas, Pilgrims and Priests. Christian Mission in a Post-Christian Society.pdf(130.56 kB)
Kompass der ekklesiologischen Weichenstellungen von Stefan Paas
Um die Positionen deutlich und scharf ins Bild zu bekommen, habe ich mögliche Ekklesiologische Positionen vereinfacht in Typen dargestellt. Einige dieser Positionen sind im Papier von Stefan Paas ausführlich beschrieben, andere erwähnt er nicht. Meine Kompasskonstruktion erlaubt einen Rundumblick, welche die Folgen seine anregenden Vorschläge haben könnten.
Die 3 Aufgaben einer zukünftigen postimperialen Kirche mit 3 Schlüsselrollen:
In der farbigen Mitte des Kompassbildes geht es um die verdichteten Anliegen von Paas für die Zukunft:
1. Künstler:innen auf Augenhöhe mit der Menschheit zur Demonstration des Guten, Schönen, Wahren des Lebens.
2. Priester:innen (immer als Gruppe, nicht individualistisch!): Fürbitte, Fürdank, Fürglaube.
3. Prophet:innen als Ausleger einer kontextuell ständig weiter zu entwickelnden Thora JHWHs.
Die Felder 1-6 außerhalb des Farbkompass zeigen die "gefallenen" Übertreibungen und Vereinseitigungen eines Farbfeldes an. Das sind die imperial geprägten bisher bekannten Ekklesiologischen Entwürfe der Kirchen.
Die oben genannten 6 Ekklesiologien-Typen symbolisieren genau diejenigen Anliegen, die im Post-Christentümlichen Zeitalter angesichts einer radikal postimperialen Ekklesiologie-Konstruktion zu betrauern und aufzugeben sind.
- Theokratisch-imperiale Missionskirche des ungebremsten Wachstums (bei Verleugnung der empirischen Fakten).
- Liberal-politische transformative "Gerechtigkeitsmission". Kirche ist wo Taten des präsentischen Gottesreiches existieren.
- Freikirchlich-/reformierte Heiligungs-/Taufkirchen-Ekklesiologien (Gegenkulturmodell), die für ihr Funktionieren eine Christentums-Mehrheitsgesellschaft als Kontext benötigen.
- Spiritualistisch-individualistische Heilsmodelle (mit höchstens rein funktionaler Kirchenvorstellung)
- Lutherisch-katholisches am (mittelalterlichen) Sühne-/Buß-Schema-orientiere Kirche als notwendiges Sakrament der Vergebung zum individuellen Heil.
- Charismatisch-/Popkulturell (romantische) punktuelle/Individualistische Gefühlskultur-Kirche (Flashmob-Ekklesiologie)
Umsetzung dieser Ekklesiologie durch das Narrativ der
Kirche als "Gärten der Hoffnung" Deleted page
Kompass Ekklesiologie 2021.pdf(368.51 kB)
Helge Seekamp